Samstag, 28. September 2013

moonriver- the honey trees (cover)


moonriver-wider than a mile
i'm crossing you in style
some day

oh dream maker
you heart breaker
wherever you're going 
i'm going your way

Samstag, 23. März 2013

Eine Geschichte...



Manchmal will man seine Träume berühren. Nur um einmal zu spüren, wie sich etwas anfühlt, was hinter dem Erreichbarem liegt. Jeder kennt das Geheimnis, die Antworten auf Fragen, die die Menschen schon seit Jahrhunderten beschäftigen. Und doch liegt dieses Wissen im Verborgenen. Man will seine Träume berühren, nur weil man vielleicht  auch weiß, dass diese niemals in Erfüllung gehen können.
Sie hat das Leben geliebt. Sie wusste Dinge zu schätzen, die andere Menschen in ihrem Alltagsstress einfach nicht beachteten. Sie war dort dankbar, wo andere das Selbstverständliche sahen. Sie hatte Träume, schillernd, in allen Farben. Unerreichbar, dachte sie. Und doch war sie voller Hoffnung auf der Suche.  Sie war auf der Suche nach Liebe. Und sie hat sie gefunden.
***
Behutsam deckt sie ihre Kinder zu und streicht ihnen noch einmal über den Kopf. Diesmal hat es nicht lange gedauert, bis beide eingeschlafen sind.  Es ist eine anstrengende Reise und die Hälfte des Weges liegt noch vor ihnen. Sie schaut sich in der kleinen Kajüte um und ihr fällt auf, wie wenig Gepäck sie dabei hat. Aber sie will auch nicht lange bleiben. Es war nicht ihre Idee gewesen, ihre Mutter zu besuchen, aber sie hat auch keine Kraft mehr, zu widersprechen. Langsam geht sie zu ihrem Koffer und zieht ein seidenes Nachthemd hervor, berührt mit ihren zierlichen Händen den kühlen Stoff. Dann beginnt sie, sich zu erinnern…
Nach ihrem Studium reiste sie umher und entdeckte die Welt. Sie wurde zu einer Genießerin. Die Menschen liebten ihre charmante und höfliche Art. Sie selbst liebte es, am Strand spazieren zu gehen und den warmen Sand zwischen den Zehen zu spüren. Abends zog sie gerne durch die Städte und ließ die Nächte in kleinen, gemütlichen Cocktailbars ausklingen. Oft versank sie in ihrer Gedankenwelt, auf der der Suche nach etwas, was ihr in ihrer doch scheinbar perfekten Welt noch fehlte.
Sie spielte leidenschaftlich gerne Klavier, liebte die Musik und sang hin und wieder Jazz vor versammelten Menschen, die kamen, nur um sie zu hören. Faszinierend, wie man das Publikum glücklich machen konnte, dachte sie. Und sich selbst. Sie brauchte nichts mehr als eine Bühne, ein Mikrofon und ein Klavier. Dann stellte sie sich hin und begann zu singen, sie schloss ihre Augen und versank in der Musik.  Eines Abends sah sie ihn. Er saß da, mit einem Drink in der Hand und lächelte sie an. An diesem Abend sang sie nur für ihn. Als sie nach ihrem Auftritt vor ihm stand und begann, in seinen braunen Augen zu versinken, stellte sie fest, wie naiv sie doch war, zu glauben, dass so ein gutaussehender Mann von ihr mehr wollte als nur einen Flirt. Sie drehte sich um, um zu gehen, als er sie an die Hand nahm und wortlos auf die Tanzfläche führte.

Sie waren ein Traumpaar. Freunde bestätigten das, ebenso wie ihre Familie. Nur seine Mutter hatte öfter etwas zu meckern, aber das war ja hin und wieder so üblich. Mit ihm hat sie gefunden, wonach sie sich all die Jahre insgeheim gesehnt hatte. Nun schien es, als hätte sie fast alles, was sich eine junge, hübsche Frau wünschen konnte. Einen Geliebten, einen Job, der sie vollkommen erfüllte, eine wunderbare Wohnung mit Dachterrasse und herrlichem Ausblick über die Stadt. Einige Freundinnen, mit denen sie gelegentlich abends durch die Straßen zog, kichernd, Arm in Arm. Geld und Fantasie um mit ihrem Freund die Zukunft zu planen, und dennoch dem Schicksal und der Spontanität freien Raum zu lassen. „Schau dich an, Darling, du bist echt zu beneiden. Deine Haare, deine langen Beine, dein zuckersüßer Mund und ein toller Mann, der das Glück hat, ihn küssen zu dürfen. Du kannst dir alles leisten. Was will man mehr? Ich sag da nur eins: Nutz alles aus, Schätzchen, genieß dein Leben.“  Ihre Freundin gluckste und trank einen Schluck Cocktail. „Irgendwann ist es zu spät.“
Tage vergingen, Monate und Jahre. Und dann stellte er ihr die Frage und sie antwortete ohne zu zögern. Ja. Eine Traumhochzeit in einer Traumwelt, wie es ihr vorkam, doch es war die Wirklichkeit. Die Heirat fand auf einer exotischen Insel in der Karibik statt, mit den engsten Freunde und der Familie. Sie war glücklich und liebte ihren Mann aus vollstem Herzen. Irgendwann wurde sie schwanger und zwei Jahre nach ihrem ersten Kind kam das Zweite. Sie zogen in ein kleines Haus am Strand und nun saß sie gerne an warmen Sommerabenden draußen auf der Veranda und lauschte den rauschenden Wellen. Die Kinder schliefen schon und dann kam ihr Mann dazu und sie tranken ein Glas Rotwein und erinnerten sich gemeinsam an vergangene Zeiten. Das Leben ist kostbar. Das stellte sie in Momenten, wie diesen, fest und dann warf sie ihren Kopf in den Nacken, lachte herzlich auf und nippte an ihrem Rotwein.
Doch irgendwann mussten sie weg. Berufliche finanzielle und private Gründe trieben sie in ein anderes Land, die Heimat ihres Mannes. Ihm wurde Abwechslung und bessere Bezahlung versprochen. „Eine fremdes Land, eine fremde Stadt und eine fremde Sprache…was soll ich nur tun?“  „Wie aufregend! Mach dir doch nicht solche Sorgen, Darling! Es ist wichtig, seine Perspektiven zu ändern und immer wieder neues auszuprobieren. Wer weiß, wohin dich das bringt?“ „Ja, aber…“ „Nichts aber. Du hast doch deine Familie. Und die Musik. Da braucht man kein Wörterbuch, Musik versteht jeder. Außerdem findest du bestimmt viele Freunde.“ Es war das letzte Treffen mit ihrer Freundin. „Nur tu mir bitte einen Gefallen und vergiss deine beste Freundin nicht.“, sagte sie schmunzelnd am Schluss.

Einige Monate sind seitdem vergangen. Doch die Sehnsucht blieb und ist nie verschwunden. Niemals. Sie fing an Klavier zu spielen und zu singen, in dem Hotel, welches ihr Mann leitete. Hin und wieder verhalf ihr dies, die vielen grauen Tage zu überstehen. Ihre Kinder waren die einzige Freude in ihrem Leben.  Sie suchte Kontakt zu anderen Menschen, doch diese hatten andere Gewohnheiten und waren anders als sie. Hinter ihrem Rücken sprachen sie über die junge, eingebildete, viel zu feine Dame. Ihre Schüchternheit und Unsicherheit deuteten viele als Überheblichkeit. Und irgendwann begannen diese Menschen sich nicht einmal mehr die Mühe zu machen, heimlich über sie zu lästern, sondern fingen an, über sie herzuziehen, direkt in ihrer Anwesenheit. Meistens waren es neidische Frauen, deren Männer  ihr oft einen Blick hinterherwarfen. Sie war anders und die Männer liebten Abwechslung und Veränderung, etwas Sehenswertes in einem meist langweiligen Alltag. Sie war ein bunter Paradiesvogel in einer grauen Welt. Sie war anders und wurde dafür gehasst. Ihre finanzielle Lage hatte sich gebessert und da ihrem Mann auffiel, wie schlecht es seiner Frau ging, beschenkte er sie mit Schmuck und Kleidern. Er liebte sie über alles und nahm sich so oft wie möglich Zeit, um sie mit ihr zu verbringen. Doch leider beachtete sie dies selten und hatte nur Augen für schlechte Dinge. Kaum hatte sie ein Ziel erreicht, plagte sie die Unzufriedenheit. Sie lebte in der Vergangenheit, indem sie ihrem alten, schönen Leben nachtrauerte und sie lebte in der Zukunft, mit den Gedanken, wie sie an Erfüllung und Zufriedenheit gelangen könnte. Nur eines vergaß sie in all dem Leid: Jetzt zu leben. Hin und wieder jedoch fühlte sie das Glück. Wenn sie mit ihrer Familie reiste, in exotische Länder und abends an Strand saß, mit ihrem Mann. Wenn sie in einer klaren Nacht die Sterne beobachtete. Wenn sie an einem verregneten Sommertag nach draußen ging und den Regenschirm zugeklappt ließ, absichtlich, nur um die warmen Regentropfen auf ihrer Haut zu spüren. Wenn sie sang und die Musik in ihrem ganzen Körper fühlen konnte. Doch schnell, viel zu schnell holte der Alltag sie ein, mit seinem Grau und sie fühlte sich alleine mit ihren Gedanken, alleine mit sich selbst, unverstanden.
In einem kalten Winter lud ihr Mann einige langjährige Geschäftspartner zu einem Weihnachtsfest im Saal des Hotels ein. Auf deren Bitte hin spielte sie das Lieblingsstück ihres Mannes auf dem Flügel. Es war das letzte Stück, das sie spielte. Niemand wusste, dass sie nie wieder die Tasten des Flügels berühren würde.
Und nach außen hin lächelte sie, doch innerlich zerbrach sie immer mehr, Tag für Tag. Alpträume verfolgten sie und sie saß nachts oft im Schlafzimmer vor dem Fenster und weinte. Sie hatte Angst und wusste nicht mehr weiter. Sie hatte das Gefühl, nutzlos zu sein. Sie lebte nicht mehr, schon lange nicht. Ihr Mann war in letzter Zeit oft auf Geschäftsreisen, die Kinder waren traurig, wenn das Kindermädchen nachmittags ging und sie fühlte sich immer mehr in den Gedanken bestätigt, dass sie nichts mehr in dieser Welt hielt. Sie war eine Last. Was ist nur aus ihrem Leben geworden? Sie wusste es nicht. Sie versuchte sich daran zu erinnern, wann sie das letzte Mal aus vollstem Herzen lachte. Vergeblich.

Sie drängte sich durch die Menschenmenge, vorbei an Boutiquen und Wolkenkratzern. Es herrschte viel Verkehr und die Menschen gingen ihren Weg, geradeaus, mit starrem Blick, Geschäftsmänner, in teuren Anzügen und mit schweren Aktenkoffern. Eine Frau zerrte ein kleines Mädchen hinter sich her, ungeduldig, voller Anspannung. Das Mädchen lächelte sie an. Sie blieb vor einem Schaufenster stehen und betrachtete ihr verzerrtes Spiegelbild. So viele Menschen und doch war sie allein. Was hat ihre Freundin gesagt? Irgendwann ist es zu spät. Sie fühlte eher das Gegenteil. Die Menschen wollten die Zeit beherrschen, zeitlos. Sie empfand eine Schnelligkeit, ihr Leben lief an ihr vorbei, perfekt, reibungslos, zu schnell. Und alles viel zu früh.
 ***
Erst jetzt bemerkt sie, dass Tränen ihre Wangen herunterlaufen. Schluchzend trocknet sie sie mit dem Nachthemd ab, zieht sich aus und streift es sich über. Dann schlüpft sie barfuß in ihre roten Schuhe. Sie wirft einen Blick auf ihre schlafenden Kinder, bevor sie die Tür öffnet und sich hinaus schleicht. Sie geht aufs Deck. Der kühle Wind trocknet ihre Tränen. Die Nacht ist klar. Sie legt den Kopf in den Nacken und beobachtet die Sterne. Jeder ist auf der Suche. Nach sich selbst, nach dem Glück, der Liebe. Auf der Suche nach der Erkenntnis. Diese Suche erfüllt ein ganzes Leben, bis man zu einem Moment kommt, an dem man die Erfüllung spüren kann, in der Tiefe der Hoffnungen und Wünsche. Die Fähre schaukelt hin und her und hohe Wellen peitschen gegen das Schiff. Sie atmet die Luft ein, gierig und schnell.  Was gibt es in ihrem Leben noch zu erreichen? Perfekt ist ihr Leben gewesen. Zu perfekt. Zu schnell hat sie bekommen, wonach sich andere ein ganzes Leben lang sehnen. Manche Momente sind zeitlos, weit und ohne Grenzen. Genauso wie die Liebe, die sie in diesem Moment erfüllte. Die Liebe zu ihrem Mann, zu ihren Kindern. Unwillkürlich musste sie lächeln, nur für einen kurzen Augenblick. Niemals würde sie  vergessen, dass man manche Dinge, viele Dinge aus Liebe macht, unkontrolliert und doch bewusst. Langsam zieht sie ihre Schuhe aus. Bleibt stehen und schließt kurz die Augen. Klettert über die Reling und -
springt.                                                                                                                       
Am frühen Morgen findet ein Mann ein Paar rote Schuhe. Er beachtet sie nicht weiter, bis er erfährt, dass eine Passagierin fehlt.
***
Manchmal will man seine Träume berühren. Nur um die Sehnsucht zu spüren, welche in ihnen liegt. Die Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, nach Leidenschaft und Verlangen, Glück und Gerechtigkeit. Die Sehnsucht nach dem Leben selbst. Manchmal will man seine Träume berühren, um sich zu vergewissern, um sich wirklich sicher zu sein, das man welche hat.